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Corona: BDKV fordert erneut einheitliche Verordnungen aller Bundesländer
Aufgrund der Corona-Krise liegt die Veranstaltungswirtschaft weiterhin brach. „Der Wirtschaftszweig liegt völlig am Boden und sieht kein Licht am Ende des Tunnels. Wann Veranstaltungen bundesweit wieder zuverlässig geplant werden können, ist derzeit nicht absehbar“, sagt Prof. Jens Michow (Foto), Präsident des Bundesverbandes der Konzert- und Veranstaltungswirtschaft (BDKV). „Wir gehörten zu den Ersten, die wirtschaftlich von der Krise betroffen waren und werden wohl die Letzten sein, die eine Rückkehr zur Normalität erleben.“
Darauf, dass ein wirtschaftlich auskömmlicher Veranstaltungsbetrieb unter Einhaltung der Abstandsreglungen nicht möglich ist, hatte der BDKV bereits in verschiedenen Veröffentlichungen hingewiesen. „Selbst, wenn sich ein Veranstalter fände, der bereit wäre, unter Verlusten oder finanziert durch öffentliche Zuschüsse eine Tournee zu veranstalten - die sechzehn unterschiedlichen, in sich und untereinander widersprüchlichen Landesverfügungen erlauben keine einheitliche Durchführung von Tourneeveranstaltungen“, so der Verbandspräsident. Der Flickenteppich der Verordnungen habe nur zwei Gemeinsamkeiten: Die Öffnung von Diskotheken und Clubs ist in allen Bundesländern derzeit untersagt; und bei erlaubten Veranstaltungen sind Abstands- und Hygieneregeln einzuhalten.
Bereits am 4. Juni 2020 hatte der BDKV in seiner Veröffentlichung darauf hingewiesen, dass einheitliche Regelungen zwingend notwendig seien. Stand 29. Juni 2020 gelten unter anderem folgende Unterschiede zwischen den Landesverordnungen: Acht Länder unterscheiden Risiken innerhalb (weniger zulässige Teilnehmer) und außerhalb (mehr zulässige Teilnehmer) geschlossener Räume; sechs Länder koppeln höhere Teilnehmerzahlen an unterschiedliche Formen der Registrierung oder Platzzuteilung; vier Länder schränken Kapazitäten zusätzlich mit definierten Platzanforderungen in m² pro Besucher ein. Das Spektrum der maximal zulässigen Teilnehmerzahl reicht dabei von 50 bis 1.000 Teilnehmer innerhalb bzw. 100 bis 1.000 Teilnehmer außerhalb geschlossener Räume.
Laut BDKV geschähen Aktualisierungen von Verordnungen mit so kurzem Vorlauf, dass bereits deshalb jede Tourneeplanung unmöglich sei. So erlässt zum Beispiel Hamburg erst am 30. Juni 2020 die ab 1. Juli 2020 gültige Folgeverordnung. Nur Baden-Württemberg zeigt aktuell einen Fahrplan für die nächsten Wochen auf: Dort sind innerhalb wie außerhalb geschlossener Räume ab 1. Juli 2020 Veranstaltungen mit bis zu 100 Personen (Registrierung, Stehplätze) bzw. 250 Personen (Registrierung, Sitzplätze) und ab 1. August 2020 dann 500 Personen (nur Registrierung) zulässig. Auf einer solchen Basis ließe sich in der relevanten Größenordnung zumindest planen, wenn die Basis denn einheitlich wäre.
Dass einheitliche Regelungen möglich sind, zeige der Blick ins benachbarte Ausland: „In keinem anderen EU-Land gibt es einen vergleichbaren Regelungs-Flickenteppich wie in Deutschland“, so Michow. Dänemark erlaubt seit dem 22. Mai 2020 bereits 500 Teilnehmer auf Veranstaltungen innerhalb und außerhalb geschlossener Räume mit der Zusatzforderung von 4 m² (außerhalb) bzw. 2 m² (innerhalb) Platzbedarf pro Teilnehmer. Selbst Spanien lässt seit dem 25. Mai 2020 wieder Veranstaltungen zu mit bis zu 50 Teilnehmern innerhalb und 400 Teilnehmern außerhalb geschlossener Räumlichkeiten. In Frankreich erlauben die für die Wiederöffnung von Konzerthäusern getroffenen Regelungen bereits wieder eine Tourneeplanung für Veranstaltungen. Holland erlaubt als erstes EU-Land unter Einhaltung von Abstands- und Hygieneregeln bereits wieder unbegrenzte Teilnehmerzahlen bei Veranstaltungen, wenn die Besucher sich zusätzlich vor dem Betreten der Veranstaltung einem Gesundheitscheck unterziehen.
In Deutschland kehrt in vielen Arbeits- und Freizeitbereichen des öffentlichen Lebens derzeit wieder Regelmäßigkeit ein. Währenddessen zerbricht jedoch die betriebliche und künstlerische Kulturlandschaft der Veranstaltungswirtschaft an unabgestimmten Regelungswerken. „Es macht mich ärgerlich, wenn ich heute in einer Hamburger Tageszeitung die Überschrift lese: ,Hamburg erlaubt Veranstaltungen mit bis zu 1.000 Menschen‘. Wenn man dann weiterliest, kommen die zahlreichen Einschränkungen: ,im Freien‘, ‚mit festen Sitzplätzen‘, ansonsten sind auch im Freien nur bis zu 200 und in geschlossenen Räumen sogar nur 100 Personen erlaubt“, erläutert Michow. „Das erweckt den trügerischen Eindruck, dass auch die Veranstaltungsbranche auf dem Weg in die Rückkehr zur Normalität sei - mit Normalität haben solche Veranstaltungen aber absolut gar nichts zu tun.“
„Wir akzeptieren alle dem Infektionsschutz dienende Maßnahmen. Aber wir fordern die Ministerpräsidenten der Länder auf, sich endlich bei Veranstaltungsverboten und vertretbaren Lockerungen miteinander abzustimmen und sich im Interesse des Kulturbetriebs um Einheitlichkeit der Verordnungen zu bemühen“, so Michow weiter. „Von unserem Wirtschaftszweig ist die gesamte Musikwirtschaft abhängig. Davon leben über 150.000 Erwerbstätige und zigtausend ausübende Künstler und Musikautoren. Kommunen und Städte nehmen durch den Musiktourismus jährlich fünf Milliarden Euro ein. Ich würde mir wünschen, dass die Politik versteht, dass es hier nicht nur um die Zukunft der deutschen Konzert-, Tournee- und Festivalveranstalter geht, sondern dass ein großer Teil unseres Kulturbetriebs existentiell bedroht ist.“
(Foto: Klaus Westermann)
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