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Corona: Statement IVW zu den Sonderfonds Kultur

Auch die Initiative Veranstaltungswirtschaft (IVW) äußert sich seit einigen Wochen öffentlich zum Denken und Handeln der Politik in Bezug auf die betroffenen Branchen. Da die "Presseinformationen" eher (öffentlichen) Briefen entsprechen, hat sich ET.Now entschieden, sie unkommentiert im Wortlaut zu veröffentlichen. Hier das Statement vom 8. Juni 2021:

"Fast sieben Monate wartet die Veranstaltungswirtschaft nun schon hoffnungsvoll auf die Ausgestaltung des Anfang November angekündigten "Sonderfonds Kultur" - auch der IVW e.V. hat in der Zwischenzeit mehrmals die Vorlage der Ausgestaltung gefordert. Mittlerweile liegt der Entwurf der "Webseite FAQ des Sonderfonds für Kulturveranstaltungen" unserer Fachgruppe Wirtschaftshilfen vor - und schnell ist klar: Alle FAQ zu den bisherigen Wirtschaftshilfen sind - trotz teils doppelter Seitenanzahl - in sich wesentlich schlüssiger und deutlich praxisorientierter.

Der Sonderfonds enthält zwei Instrumente - einen Wirtschaftlichkeitzuschuss, der Veranstaltungen mit pandemiebedingten reduzierten Zuschauerzahlen finanziell unterstützen soll und eine Ausfallversicherung, die bei Ausfall der Veranstaltung einen Teil der entstandenen Kosten ersetzen soll. Klingt erst einmal positiv - die Hoffnung auf eine praxisorientierte Umsetzung wird allerdings auf 35 Seiten ausführlich zerstört, auch wenn die Verfasser vier Mal den Begriff der "administrativen Vereinfachung" bemühen.

Hauptkritikpunkte sind:
1. Der mögliche wechselseitige Verlust der Antragsberechtigungen bei Inanspruchnahme der Wirtschaftshilfen (Überbrückungshilfe) - ein Risiko, das kein Veranstalter verantworten kann.
2. Der zeitlich versetzte Start von Wirtschaftlichkeitszuschuss und Ausfallversicherung - zudem ist der frühestmögliche Förderungszeitpunkt der 01.07.2021. Alle vorherigen Veranstaltungen fallen durch das Raster.
3. Beantragung der Zuschüsse erst nach Ablauf der Veranstaltung möglich (vorher nur Registrierung der Veranstaltung).
4. Sehr hoher bürokratischer Aufwand insbesondere für Tourneeveranstalter - ein bundesweites Antragsportal, Auszahlung bundesweit zentral über die Kasse Hamburg - aber jede Veranstaltung muss in dem Bundesland beantragt werden, in dem sie stattfindet.
5. Bereits zum jetzigen Zeitpunkt erlauben Bundesländer wie Nordrhein-Westfalen bei einer Inzidenz von unter 35 Veranstaltungen mit bis zu 1000 Personen, während der Sonderfonds bis Anfang August nur Veranstaltungen bis 500 Personen absichert.
6. Ausfallkosten und Mehrkosten werden zudem nur teilweise erstattet, was das Risiko einer Veranstaltung auf die Wertschöpfungskette verlagert - und damit der ohnehin seit Pandemiebeginn am Härtesten belasteten Gruppe der Soloselbständigen, Künstler und Freiberufler noch mehr abverlangt.
7. Die Herleitung der Antragsberechtigung über Art. 53 AVGO schließt so gut wie alle Veranstalter aus, die nicht in den letzten Jahren Kulturförderungen bezogen haben.
8. Clubs - obwohl Live-Spielstätten - sowie Mittelaltermärkte und Volksfeste sind ebenso wie der Zirkus nicht antragsberechtigt. Auch Konzerte werden nicht grundsätzlich gefördert.

Diese Punkte sowie weitere widersprüchliche Formulierungen und Absätze mit gegenteiligem Inhalt laufen in Summe dem ursprünglichen Zweck des Sonderfonds zuwider - Veranstaltern sollte doch die Vorplanung erleichtert werden, indem die Risiken abgefangen werden. Aber selbst wenn ein Veranstalter alle Anforderungen erfüllt, muss er - nach über 15 Monate ohne Einnahmen und mittlerweile ohne existierende Rücklagen - unbestimmte Zeit auf die Zuschüsse warten und solange alle Kosten vorfinanzieren.

Fazit: Der Sonderfonds Kultur hat nichts mit der Realität in der Veranstaltungswirtschaft hinsichtlich Organisation, Ablauf und Umsetzung eines Kultur-Events zu tun. Die Bundesregierung vertut damit vor der Bundestagswahl die große Chance, in unserer Gesellschaft den Stellenwert der Kultur hervorzuheben und als wesentlichen Bestandteil der deutschen Demokratie zu fördern."

www.ivw-ev.de

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