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Jahreshauptversammlung des Deutschen Bühnenvereins
Bei der Jahreshauptversammlung des Deutschen Bühnenvereins am Staatstheater Oldenburg hat sich das Präsidium des Verbands neu konstituiert. „Unsere Gesellschaft befindet sich im Ausnahmezustand. Zunächst die Auswirkungen der Pandemie, nun der brutale Krieg Russlands gegen die Ukraine. Gerade jetzt braucht es starke Bühnen, die es ermöglichen, die Alternativen zu imaginieren und die Welt im Spiel als veränderbar zu begreifen“, sagte Dr. Carsten Brosda, Präsident des Bühnenvereins, anlässlich der Tagung. „Sie sind Räume für den Diskurs darüber, wie unsere Gesellschaft frei, offen und in Vielfalt zusammen leben kann. Die Bühnen werden sich darüber hinaus weiterhin selbst den drängenden gesellschaftlichen Fragen stellen.“
Zu den Schwerpunkten der Tagung gehörte die weitere Umsetzung des 2018 verabschiedeten und 2021 erweiterten Wertebasierten Verhaltenskodex an den Häusern. Dazu wurde ein Werkzeugkasten mit ersten Modulen wie Fortbildungsmöglichkeiten, Best-Practice-Beispielen und einer Checkliste für die Theater entwickelt und im Rahmen der diesjährigen Hauptversammlung diskutiert. Ziel ist es, über die Werkzeuge die Ziele des Kodex zu einer gelebten Realität an den Bühnen zu machen.
„Der Bühnenverein hat den Anspruch, den so wichtigen Austausch auch über die Zukunft der Arbeit in Theatern und Orchestern zu ermöglichen. Beides - öffentliche Relevanz und gute innere Verfassung - gehören zusammen“, so Brosda. „Mit dem Wertebasierten Verhaltenskodex, dem Phasenmodell zur Intendanzfindung und den Debatten um einen nachhaltigen Theater- und Orchesterbetrieb ziehen wir wichtige Leitplanken ein für eine zukunftsgerechte Entwicklung der Bühnen.“
Darüber hinaus wurde ein Vorschlag für ein Phasenmodell zur Intendanzfindung in einem symbolischen Akt an die Rechtsträger übergeben. Das Modell wurde gemeinsam vom dramaturgie-netzwerk und der Intendant(inn)engruppe des Deutschen Bühnenvereins entwickelt und soll den Rechtsträgern als Orientierung dienen, um einen zeitgemäßen Findungsprozess zu unterstützen.
Hasko Weber, Vizepräsident und Vorsitzender der Intendant(inn)engruppe des Deutschen Bühnenvereins, sagte dazu: „Leitungswechsel sind Schlüsselvorgänge für zielgerichtete Transformationsprozesse, in denen sich viele Theater und Orchester bereits befinden. Deshalb brauchen wir den Austausch darüber, wie die Findung von Intendanzen und Geschäftsführungen zeitgemäß zu gestalten ist. Das Phasenmodell kann einen wichtigen Impuls in diese Richtung geben.“
Überdies tagten die Gruppen/Ausschüsse des Bühnenvereins zu aktuellen Entwicklungen an Theatern und Orchestern und arbeiteten in Workshops an zentralen Themen wie Digitalität, Nachhaltigkeit, Diversität, Umgang mit Gastverträgen und Audience Development. Die in den Workshops erarbeiteten Ergebnisse sollen in einem nächsten Schritt in die Verbandsarbeit direkt überführt werden.
Zum kulturpolitischen Kontext der Diskussion um Nachhaltigkeitsthemen gab es einen Impuls von Dr. Sebastian Brünger von der Kulturstiftung des Bundes, die mit ihren Förderprogrammen zahlreiche Mitglieder des Bühnenvereins in ihren Bemühungen um einen nachhaltigen Theater- und Orchesterbetrieb unterstützt. „Ich bin der Überzeugung, dass es beides braucht: Eine mutige Politik, die die Probleme benennt und den Rahmen steckt. Und es braucht die einzelnen Akteurinnen und Akteure, die Forderungen stellen und mit guten Beispielen vorangehen. Daher ist es sinnvoll, verstärkt in den Dialog zu treten, um ins Handeln zu kommen“, so Brünger.
Ergänzend fand ein Austausch zur aktuellen kulturpolitischen Situation statt. Diskutiert wurde hierbei sowohl über die langfristigen Auswirkungen der Pandemie als auch über die Beschäftigungsbedingungen der künstlerisch Beschäftigten an den Bühnen. „Die Bühnen sind in Zeiten großer globaler Krisen, die unsere Leben erschüttern, die Orte und das Fundament, auf das unsere Gesellschaft baut. Gerade jetzt muss es darum gehen, die Bühnen so aufzustellen, dass sie ihr Wirkvermögen voll zur Entfaltung bringen können“, sagte Claudia Schmitz, Geschäftsführende Direktorin des Bühnenvereins. „Dazu brauchen sie das klare Bekenntnis der Kulturpolitik, welches mit dem Anerkenntnis verbunden sein muss, dass der Mehraufwand für die Finanzierung der Erhöhung der Einstiegsgage unser aller gemeinsame Aufgabe ist.“
Die Intendant(inn)engruppe des Deutschen Bühnenvereins verlieh im Rahmen der Jahreshauptversammlung am 11. Juni 2022 den Dr.-Otto-Kasten-Preis, der alle zwei Jahre an junge Theaterschaffende vergeben wird. Ausgezeichnet wurden Regisseurin Sapir Heller und Dramaturgin Lena Wontorra, Regisseurin Franziska Angerer, die Performance-Gruppe Pulk Fiktion, die Performerin Jana Zöll sowie die Online-Inszenierung „Wir sind noch einmal davongekommen“ des Studiengangs Schauspiel der Theaterakademie August Everding.
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