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9. Cradle to Cradle Congress weist Wege zu verbesserter Kreislaufwirtschaft

9. Cradle to Cradle Congress weist Wege zu verbesserter Kreislaufwirtschaft

Unter der Schirmherrschaft von Bundesumweltministerin Steffi Lemke kamen am 13. und 14. März 2025 rund achtzig Speaker und rund 1.000 Teilnehmer aus Wirtschaft, Politik, Wissenschaft und Zivilgesellschaft an der TU Berlin zum 9. Cradle to Cradle Congress zusammen.

 

Vor dem Hintergrund der beginnenden Koalitionsverhandlungen, der Einigung zwischen Grünen, SPD und Union auf ein milliardenschweres Finanzpaket, des New Industrial Deal auf EU-Ebene sowie der Ende vergangenen Jahres verabschiedeten Nationalen Kreislaufwirtschaftsstrategie wurde auf dem Congress klar: Einzellösungen greifen zu kurz.

 

„Der 9. Cradle to Cradle Congress hat deutlich gemacht: Wir stehen nicht vor der Wahl zwischen ‘weiter so’ und ‘Verzicht’“, sagen Nora Sophie Griefahn und Tim Janßen, geschäftsführende Vorstände von Cradle to Cradle NGO (C2C NGO). „Gerade in Zeiten multipler Krisen ist es wichtiger denn je, Lösungen zusammenzudenken. Echter Wandel braucht mehr als Schadensbegrenzung. Er erfordert eine konsequente Transformation hin zu einer echten Kreislaufwirtschaft - ein Ansatz, den nur Cradle to Cradle in seiner Ganzheitlichkeit bieten kann.“

 

Prof. Dr. Fatma Deniz, Vizepräsidentin für Digitalisierung und Nachhaltigkeit an der Technischen Universität Berlin, ergänzt: „Cradle to Cradle ist mehr als ein Konzept - es ist ein grundlegendes Umdenken in der Art, wie wir produzieren und konsumieren. Es zeigt uns Wege auf, die uns mehr Lebensqualität versprechen, auch hier, in unserem Alltag. Die vielen Best Practices auf diesem Congress machen das, wie ich finde, sehr deutlich. Deshalb sind sowohl die TU Berlin als auch ich persönlich stolz, Gastgeberin dieser wichtigen Veranstaltung zu sein.“

 

Dr. Eckart von Hirschhausen betonte in seiner Keynote, dass reaktive Lösungen nicht zielführend seien und nicht an den Ursachen der vielfältigen Probleme unserer Zeit ansetzten. Ein anschauliches Beispiel dafür sei die Luftverschmutzung in Großstädten, zu einem Großteil verursacht von Reifenabrieb, dessen Partikel sich in unseren Lungen absetzen. „In vielen Städten hat jeder dritte Mensch ein Asthmaspray, was jedoch nicht die Lösung des Problems darstellt, sondern nur die körperliche Reaktion unterdrückt“, sagte Hirschhausen. Um das Bewusstsein für zusammenhängende Probleme zu schärfen, sei es notwendig, eine „Kommunikation zu finden, die uns unter die Haut geht, die nicht nur die Netzhaut und unser visuell überlastetes System erreicht, sondern uns wirklich über das Ohr auch innerlich berührt“. „Lasst uns also Cradle to Cradle denken, denn die nächste Generation ist schon unterwegs“, so Hirschhausen abschließend.

 

Sarah Ryglewski, Staatsministerin im aktuellen Bundeskanzleramt, unterstrich den ganzheitlich gedachten Ansatz: „Es geht um mehr als das, was früher häufig unter Kreislaufwirtschaft verstanden wurde. Recycling ist ein wichtiges Element und spielt eine zentrale Rolle in der Deutschen Nachhaltigkeitsstrategie. Aber entscheidend ist, dass wir bereits bei der Entwicklung von Produkten und Geschäftsmodellen darüber nachdenken, was am Ende ihres Lebenszyklus’ steht und wie sie wieder in den Kreislauf zurückgeführt werden können. Wenn man es vernünftig zu Ende denkt, dann muss man natürlich auch beim Thema Transformation unserer Industrie, unserer Art zu wirtschaften und zu leben, ganzheitlicher denken, also Cradle to Cradle. Dafür müssen wir politische Rahmenbedingungen schaffen, die diesen Prozess so einfach wie möglich machen.“

 

Auch aus Unternehmensperspektive wurde klar: Cradle to Cradle ist nicht nur eine ökologische, sondern auch eine wirtschaftliche Chance. Rund fünfzig Unternehmen teilten ihre Erfahrungen und Best Practices mit dem Publikum - von C2C-Pionieren, die Cradle to Cradle seit mehr als zehn Jahren erfolgreich umsetzen, über junge Unternehmen, die den Ansatz bereits bei der Gründung mitdenken, bis hin zu etablierten Konzernen, die mit ersten Cradle-to-Cradle- und Circular-Economy-Ansätzen ihren Weg heraus aus der Linearität finden möchten. Von der kommenden Bundesregierung erwarten diese Unternehmen, dass in den vergangenen Jahren entwickelte Leitplanken, wie die Nationale Kreislaufwirtschaftsstrategie, weitergeführt und weiterentwickelt werden. Noch, so der Tenor, stimmten die politischen Rahmenbedingungen nicht mit dem politischen Ziel einer Kreislaufwirtschaft überein.

 

Christiane Benner, Erste Vorsitzende der IG Metall und Beirätin von C2C NGO, sagte: „Ich bin schon lange bekennender Cradle-to-Cradle-Fan. Wir sagen als IG Metall: Cradle to Cradle ist eine große Chance für den fairen Wandel und den ökologischen Umbau, den wir in diesem Land und in Europa brauchen. Der Weg ist noch lang und steinig, aber wir stehen nicht mehr am Anfang. Ein modernes Auto besteht aus 10.000 einzelnen Teilen - Stahl, Aluminium, Gusseisen, Elektronikkomponenten und vielen unterschiedlichen Kunststoffen. Wir sind der Meinung, dass vieles, was im Auto steckt, wiederverwendet werden kann und sachgerecht von der Wiege zur Wiege zu etwas Neuem werden kann.“

 

„Wir bei DM haben einen hohen Anteil an Rezyklaten“, so Kerstin Erbe, Geschäftsführerin der Drogeriemarktkette. „Heute gehen wir in Vorleistung, da wir für Rezyklate doppelt so viel zahlen wie für Virgin Plastic. Deswegen skaliert es nicht.“ Eine Einspeisevergütung könne ein gutes Instrument sein, um diese Wettbewerbsverzerrung zu beheben, so Erbe weiter. Diese könne mit einer CO2-Gutschrift kombiniert werden, da Rezyklat weniger CO2-intensiv sei als neue Kunststoffe.

 

Der Bausektor ist in Teilen bereits mitten in der Transformation hin zu C2C angekommen, jedoch fehlen auch hier die politischen Rahmenbedingungen. In seiner Keynote betonte Dr. Peter Mösle, Gesellschafter und Senior Executive bei Drees & Sommer SE sowie der EPEA GmbH, die Bedeutung des digitalen Gebäuderessourcenpasses als „Instrument und einziger Schlüssel des zirkulären Bauens“. Vom Design bis hin zur Herstellung und der Verwendung von Produkten in Gebäuden sei es wichtig zu wissen, in welcher Qualität und Quantität Materialien verwendet werden, um zirkuläres Bauen ganzheitlich umzusetzen und zu monetarisieren. „Nur mit diesem Ressourcenpass und einem einheitlichen Standard auf europäischer Ebene können wir Cradle to Cradle im Bausektor flächendeckend umsetzen“, so Mösle.

 

Auch Junhua Li, Untergeneralsekretär für Wirtschaft und Soziales der Vereinten Nationen (UN), hob Cradle to Cradle als Lösung hervor: „Die Kreislaufwirtschaft, die nun in den Vereinten Nationen anerkannt ist, bietet in der Tat eine transformative Lösung, die Antworten auf dringende Herausforderungen der nachhaltigen Entwicklung liefert. Das regenerative Modell zur Beseitigung von Abfall unterstützt die Umsetzung der Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung. Der Übergang von einem traditionellen linearen Modell zu einer stärker zirkulären Wirtschaft ist absolut essenziell. Dies ist ein äußerst wirkungsvoller Katalysator für die Agenda 2030.“

 

Der Congress zeigte, dass Cradle to Cradle bereits in vielen gesellschaftlichen Bereichen gelebte Praxis ist. Die vorgestellten und diskutierten Produkte, Unternehmen, Projekte und Prozesse bieten nicht nur einen Ausblick auf eine lebenswerte Zukunft, sondern auch einen klaren Handlungsrahmen für die kommenden Jahre. Der 10. Cradle to Cradle Congress soll am 17. und 18. September 2026 an der TU Berlin stattfinden.

 

(Fotos: Joerg Werschnitzky)

 

www.c2c.ngo

 

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